Indian Summer

Toronto - Niagara Fälle - Montreal - White Mountains - Portland - Boston - Glens Falls - Lake Placid- Toronto

Braunschweig - Hamburg - Toronto

Samstag, dem 28. September 1996

Um  7.55 Uhr klingelt Rias Wecker. Er war noch nicht auf „Ferienzeit“ umgestellt.

. Die letzten Sachen werden gepackt. 11.30 Uhr Abfahrt zum Flughafen nach Hamburg. Von Hannover war kein Abflug zum obigen Termin mehr möglich. Stau am Elbtunnel. Ausfahrt Schnelsen Nord - Richtung Flugha­fen. Wir suchen P6, einen Außenparkplatz, etwa 3 km vom Flughafen entfernt. Es ist noch Platz da. So fahren wir mit dem Shuttle - Bus, der alle 15 Minuten zum neu­en Terminal verkehrt. Wir essen eine Kleinigkeit und um 16. 00 Uhr ist Boarding nach Paris in den Airbus 320. Die Airbus-Flugzeuge gefallen mir gut, auch we­gen der Ausstattung. Neben mir sitzt ein älterer Herr. Er fliegt über Paris nach Peking. Er erzählt mir, daß er als Halbjude 1936 Deutschland ver­lassen  habe und um die Welt gefahren sei.

 „ Drei Dinge braucht man heute, so sagte er:„ zwei Sprachen, Englisch und Französisch, und die Deutsche Mark. Wie lange die DM noch, das werde immer fraglicher. Die vielen Arbeitslosen machen mich unruhig. Deutschland hatte schon einmal dieses riesi­ge Problem und da kam Hitler.“ - Er erzählte weiter, dass er Amerika gut kenne. Er habe einmal eine 8-Wochen-Reise gemacht: Im Süden bei New Orleans angefangen und dann an der Westküste entlang nach Norden. Hier an der kanadischen Grenze entlang nach Boston zum Atlantik. Er habe diese Reise zeitlich so gelegt, dass er überall Frühling hatte. In Monterey (s. Heft 1) habe er zwei Jahre gelebt.  - Er hat die Tasche voll Kaffee und Schokolade für seine Gastgeberin in Peking. Er wirkt wie ein Globetrotter. Als verfolgter Halbjude hat er wohl genügend Leid erfahren. In Paris Adieu!

 Wir gehen in Paris sofort zur Abfertigung A51 in eine Boeing 747/200, zu der ich aufgrund ei­nes Fernsehberichtes -Probleme im Cockpitbereich- kein großes Zutrauen habe. Der Name AIR FRANCE beruhigt mich wieder, da staatliche Fluggesellschaft.

 Der Tag dauert heute 5 - 6 Stunden länger. Ria unterhält sich mit einem Kanadier. Sie erzählt ihm, dass wir an die Niagara- Fälle fahren. Erst nach mehrmaligen Nachfragen, versteht er „Niagara“- Die Aussprache dieser Wasserfälle ist einfach schwierig.

 Vor der baldigen Landung wird die „Traveller Declaration Card für die Einreise in Kanada ausgefüllt. Kurz nach 3.00 Uhr  (MEZ) früh, 22.00 Uhr Ortszeit, Ankunft in Toron­to. Problem: Meine Reisetasche mit Schlafanzug , Rasierzeug und u.a. Akku für die Videokamera ist nicht mitgeflogen. Ria steht in einer Schlange von über 20 anderen Passagieren, die das gleiche Problem haben. Nach ca 1 Stunde mit Shuttle ins Flughafenhotel DELTA TORONTO AIRPORT. Normaler Zimmerpreis CND 190,00 plus Steuern. Wir zahlen aufgrund der Buchung aus Deutschland nur 102,00 DM ohne Steuern. Der Kanadadollar steht zur Zeit bei 1.15 DM, der US-Dollar bei 1.55 DM.

Wir sind in Kanada.

Die Niagara-Fälle

Sonntag, dem 29.September 1996

 Eine ruhige Hotelnacht. Am Morgen kocht Ria Kaffee und Tee. Anschließend mit Shuttle zurück zum Flughafen. Im Arrival - Bereich sind gleich die Autovermieter. Diesmal haben wir AVIS gewählt, da dort eindeutig der Ehegatte auch ohne Zuschlag das Auto fahren darf. Der Preis ist mit HERTZ vergleichbar. Das Auto ist diesmal doppelt so teuer wie im  Wilden Westen. In Kanada kommt noch dazu, dass es dort bei Anmietung nur 150 Freikilometer pro Tag gibt. Die Entfernungen sind aber dort auch sehr weit. Auch die Benzinkosten sind in Kanada dreimal so hoch wie in Amerika. Der Service bei AVIS ist auch gut. Christian sucht das Fahrzeug aus. Wir erhalten einen Buick Regal 3800 ccm. Das Auto hat knapp 10.000 km gefahren. 

Ria fährt die 150 km zu den Niagara - Fällen. Der Ort heißt Niagara Falls. Dort befinden sich Motels an Motels, Hotels an  Hotels.

Wir nehmen das Motel MAPLE LEAF (=Ahorn-Blatt) in der Buchanan Avenue. Die Besitzer sind sehr  nett. Im Prospekt: „.. just a 5 minute stroll to the Falls ..“

Ria telefoniert  mit dem Flughafen in Toronto wegen meines Gepäcks. Es ist in Paris zurückgeblieben und soll noch heute zugestellt werden. Wir gehen zu „The Falls“. Das letzte Stück fahren wir mit der „Falls Incline Railway, einer kleinen Bergbahn wie die Schatzalpbahn in Davos.  Es ist schon ein gigantisches Naturschauspiel. Ich filme und Christian fotografiert. Wir sehen Denny´s like America . Doch hier ist die Qualität und der Service schlecht und auf Nepp aus. Am Nachmittag fahren wir mit einem der drei Aufzüge, die von außen aussehen wie Bienenkörbe, die Kanadier nennen sie yellow bug (gelbe Wanze), auf den SKYLON Tower. Es ist als stiege man mit einer Rakete in den Himmel. 236 Meter über dem Fuß der Fälle haben wir einen phantastischen Blick  auf den Fluß und die Umgebung. Es gibt dort auch noch einen kleineren Turm, der Minolta-Tower ca. 160 m hoch.

Am Abend gehe ich noch einmal mit Christian an die Wasserfälle. Nach Einbruch der Dunkelheit strahlen diese in persilweißem Licht. Alle Viertelstunde werden „the Falls“ in wechselndes buntes Licht getaucht. Schaurig schön. Kitsch as kitsch can! Ein „Oh“ geht jedes Mal durch die mit Bussen oder mit Autos  herangeeilten Menschenmassen. „It is a breathtaking view, isn`t?“ -  Leider habe ich immer noch nicht meine Tasche, so daß ich keine Videoaufnahmen machen kann. Dafür bannt Christian die bunten Wasserfarben auf den Film.  

St.Lawrence River

Montag, dem 30. September 1996

Sonne. In der Nacht immer wieder wach, weil die Reisetasche doch zugestellt werden sollte. Um 9.00 Uhr wieder ins Büro. Die Motelbesitzerin , die auch erstaunt war, dass die Tasche bis jetzt nicht geliefert worden war, telefonierte noch einmal mit dem Flughafen in Toronto. Die Reisetasche könne am Terminal 2 abgeholt werden. Verärgert über AIR FRANCE entschließen wir uns nun die 150 km nach Toronto zurückzufahren und nicht die ursprüngliche Südroute nach Boston zu wählen, sondern einfach die Route umzudrehen nun entgegengesetzt zu fahren. Ria, Christian und ich bedanken uns für die Gastfreundschaft und verlassen Niagara Falls. Am Lester Pearson Airport (Code YYZ , besser XY ungelöst) bleibt Christian im Auto zurück. Ria und ich gehen und suchen die Stelle, die meine Reisetasche „verwaltet“. Die Informationsstelle verweist uns auf eine Person, die an  einem kleinen Tisch hinter einer Säule versteckt arbeitet und total überfordert scheint. Mehrere junge Franzosen warten auch auf ihr Gepäck, das wohl irrtümlich nach Montreal umgeleitet wurde. Die kleine Asiatin darf nur jeden Gepäcksuchenden einzeln in die Ausgabestelle führen. Die Parkzeit läuft ab. Endlich nach ca. 1 Stunde kommt Ria mit der Tasche zurück. Im Auto sitzt Christian ganz unruhig. Die Polizei hat überall Strafzettel an die Autos gesteckt. Christian hatte von einer netten Frau  2 Dollar für die Parkuhr erhalten. Parkgebühr 8 Dollar/Stunde.

 Wir fahren Richtung Montreal auf dem HWY 401 East. Hier wird die Geschwindigkeitsbegrenzung in km angegeben. Typisch ein Hinweisschild: 9

                                                 90 km  =     0 Dollar

                                                100 km  =   20 Dollar

                                                120 km  =   80 Dollar

                                                140 km  = 400 Dollar

 Der Verkehr läuft diszipliniert. Nur Trucks fahren wesentlich schneller. Manchmal werden die Trucks über Ampel vom HWY auf einen speziellen Parkplatz geleitet und kontrolliert. Hier in Kanada gibt es sogenannte CARPOOLS, eine Art Raststätte, die wir im Westen der USA vermissten.

Die riesige Skyline von Toronto und Oshawa zieht an uns vorüber. Hinter Oshawa beginnt bereits der Indian Summer. Die herbstlichen Farben wirken besonders stark in dem Sonnenlicht. Wir stoppen an einem Supermarkt und kaufen ein. Hier ist es teurer als im Frühjahr in den USA. Wir fahren über Kingston am St. Lawrence River entlang  bis Brockville. Zum 1. Mal fahren wir bei einem Motel DAYS INN an. Ich frage nach einem Zimmer. Ein junger Mann nennt den Preis von 55.00 CND plus tax. Ein älterer Angestellter merkt wohl, daß ich aus Deutschland komme und erzählt im badischen Deutsch, daß er aus Mannheim stamme. In den 60ziger Jahren ist er ausgewandert.

Im Prosepekt steht: „Our Inn is located near picturesque 1000 islands and close to the shores of St. Lawrence River.“

Abends bereitet Ria unser Abendbrot. Es schmeckt vorzüglich. Unser liebstes Gerät sollte auch einmal abgebildet werden, die Kaffeemaschine. Noch 250 km bis Montreal.

Von Montreal nach Bromptonville

Dienstag, dem 1. Oktober 1996

Es ist weiterhin sonnig. In Braunschweig angerufen. Dort regnet es. Zum Frühstück Kaffee und kleinen Imbiss mit Zeitung geholt. Anschließend Abfahrt in Richtung Montreal. Noch sind wir in der englisch sprechenden Provinz Ontario, das ist an den Hinweisschildern erkennbar. An erster Stelle stehen die Hinweise in Englisch und an zweiter Stelle in Französisch. An der Provinzgrenze zur Provinz Quebec ändert sich das schlagartig. Französisch ist an die erste Stelle gerückt. Nun beginnt jedoch auch ein Nummernchaos an den Straßen. Im ADAC leiser Hinweis, dass jede Provinz die Straßen neu nummeriert, teilweise auch die alten Nummern stehen lässt. Das trifft hier zu. Durch hässliche Vororte fährt Ria, die bewährte Großstadtfahrerin, „Vieux Montreal“ (Old Montreal) an. Christian und ich sind mit unseren Fotoapparaten beschäftigt. Unter anderem besuchen wir die Basilique de Notre Dame. Ein Bau zwischen Kitsch und Kunst mit einer sehr schönen Orgel und Platz für 3000 Menschen. Die Kirche ist ziemlich dunkel und wirkt wie ein Mysterium des Glaubens. Ich kaufe einen Fingerrosenkranz. Weiter gehen wir die Rue St.-Paul  zum Place Jacques Cartier. Diesem französischen Forscher verdankt die Stadt ihren Namen. 1535 setzte Cartier den Fuß auf eine Insel des St. Lawrence Stromes. Ein Indianer führte ihn auf den 238 m hohen Hügel. Weil die Aussicht über den St. Lawrence und den Ottawa-Fluß so schön war, taufte er den Hügel den königlichen Berg „Mont Royal“ . Wir schlendern noch ein wenig durch die Altstadt, die sich doch sehr französisch zeigt. Kürbisse in großen Mengen sehen wir zum ersten Mal. UNDERGROUND CITY mit 1400 Boutiquen 150 Restaurants und 30 Kinos besuchen wir nicht. So etwas  Ähnliches soll es in Toronto auch geben. Übrigens diese riesige Underground - City wurde wegen der strengen Winter errichtet. Dort kann man dann ,ohne aufs Wetter zu achten, ungestört einkaufen. Wir beschließen nicht hier zu bleiben, sondern aufgrund des Verlustes von einem Tag (wegen Reisetasche) weiterzufahren in Richtung USA. Wir nehmen die 138 Est. Diese Strecke führt uns durch schreckliche Vororte. Keine Hinweise auf irgendeine Stadt zu sehen. Endlich sind wir am St. Lorenz-Strom. Hier fahren wir entlang. Indian Summer!

Christian möchte am Fluss einmal Rast machen und meint, wir fahren in die falsche Richtung. Wir halten an einer kleinen Bucht an. Ich stelle fest, dass das Wasser nicht gegen uns fließt, sondern mit uns. Also fahren wir nicht in Richtung USA, sondern nach Norden in Richtung Quebec. Wir fragen ein paar Jungs, die sofort ihre Karten holen uns uns erklären, wo wir den Strom überqueren können. Die ADAC - Karten versagen hier. Sie sind für diese Entfernungen und bei dem Nummernwirrwarr unbrauchbar. Bei den (3 Flüssen) Trois Rivieres überqueren wir auf einer riesigen Stahlbrücke den St. Lawrence River. Wir fahren durch eine herrliche Landschaft bei wunderschönem Wetter und erleben einen einmalig schönen Sonnenuntergang im Herbst. Wir fahren die Route 161 - 116 - 143 und gelangen kurz vor Dunkelheit nach Bromptonville, 5 Minuten von Sherbrooke entfernt. Da wir noch in der Provinz Quebec sind, fragt Ria nach einem Zimmer. Es ist alles belegt bis auf ein Yaguzzi - Zimmer. Normalerweise ein Zimmer für ein Hochzeitspaar.

Prospekt: Chambre de Luxe 59,99 CDN$ avec bain therapeuthique für 2 Personen, video und caseuse. Es ist ein großes Bett vorhanden und ein  kleines Sofa. Wir beschließen hier zu bleiben. Christian schläft auf dem kleinen Sofa. Wir sind hundemüde.  

Über Sherbrooke - St. Malo - Canaan -  ins gelobte Land

Mittwoch, dem 2. Oktober

Wir kommen in Canaan an die Grenze zur USA. Genauer Beecher Falls, Vermont. Ein verträumter Grenzübergang. Ein Zollbeamter sitzt in seinem Grenzhäuschen und begrüßt uns nett. Er gibt die Pässe an den Imigration-Officer weiter. Dieser hat Zeit und freut sich, dass einmal Abwechslung kommt. Deutsche. Eine Menge Fragen und Formulare. Wieder dieses grüne Formular des U.S: Department of Justice, das so irrwitzige Fragen beantwortet haben will.

 Beantworten Sie die Fragen mit JA und NEIN!

 Leiden Sie an einer ansteckenden Krankheit? Oder sind Sie körperlich oder geistig behindert? Betreiben Sie Mißbrauch mit Drogen oder sind Sie drogenabhängig?  

Steht hinter Ihrer Einreise die Absicht, sich an strafbaren oder unmoralischen Handlungen zu beteiligen?

 Waren oder sind Sie in Spionage - oder terroristischen Aktivitäten verwickelt? Waren Sie am Völkermord oder in der Zeit zwischen 1933 und 1945 in irgendeiner Weise an den Verfolgungen des nationalsozialistischen Regimes Deutschlands oder seiner Verbündeten beteiligt?

Der Officer wirkt aprilfrisch mit dashweißem Hemd und einem Patronengürtel um die Hüften wie John Wayne. An der Wand ein Plakat : BODY ARMOR - Where´s  Your´s ?  Kugelsichere Weste  - wo ist deine? Auf jeden Fall dieser Officer hat genaue Kenntnisse über die derzeitige kriminelle Szene in Berlin und Frankfurt. Ich erzähle ihm wie unvergesslich für mich als Schulkind die CARE-Pakete gewesen sind, die uns jeden Tag eine Schulspeisung sicherten.  Das freut ihn. Nebenbei erzählt er, dass er sich nun von hier nach 20 Jahren anstrengenden Dienstes nach Miami versetzen lässt, um dort als „streetworker“ gegen die dortigen Kriminellen vorzugehen. Er bemüht den Zentralcomputer, uns eine Quittung über 18 US$ auszudrucken für eine Art Zwangsspende, die seit dem 1.10. 96 erhoben wird. Wir verabschieden uns und betreten Vermont, einer der Neuengland-Staaten. Hier im Staate Vermont lebte Carl Zuckmayer mit seiner Frau während der Hitlerzeit von 1939 - 1946. Über diese Zeit in den GREEN MOUNTAINS haben beide geschrieben. Er in seinen Erinnerungen s. rechte Spalte. Sie in dem Buch „Die Farm in den grünen Bergen“. Beide im Fischer-Verlag herausgegeben.

 Es geht weiter über Colebrook  - Errol  auf der Route 16, einer herrlichen Panoramastraße über Milan - Berlin - Gorham. Man spürt förmlich die Heimatliebe der Auswanderer, denn hier gibt es viele europäische Städtenamen als Ortsbezeichnungen. Viele auch doppelt. Wir sind mittlerweile im Staate New Hampshire.  Wir treffen an einem der schönen Seen ein älteres Ehepaar. Ria fotografiert die beiden. Er pensionierter Reverend, sie eine retired teacher (pensionierte Lehrerin). Er erzählt, dass er Vorfahren hat aus der Nähe von Philipsburg in der Pfalz. Beim Abschied zu Ria: „Immer wenn wir das Foto anschauen, werden wir uns an Sie erinnern.“ Es geht weiter durch den riesigen White Mountain National Forest. Dieser höchste Gebirgszug Neuenglands ist über 3000 qkm groß mit riesigen Wäldern, langen Schluchten, 2000 km Wanderwegen und fast unberührter Landschaft. Warnschilder wie „Vorsicht Elche“ oder „Vorsicht Bären“ sind zu sehen. Christian und Ria sehen einen Elch mitten in einem Flußlauf stehen. Der Mount Washington mit 1917 m der höchste Berg Neuenglands. Auf diesem Berg wurde 1934 eine Windgeschwindigkeit von 390 km/h gemessen. Dieser Weltrekord blieb bis heute unerreicht. Der Weg hinauf heißt „Road to the sky“. In der Nähe liegt Bretton Woods.  Wir gelangen in den Staat Maine. An unserer Route liegt eine sehr schöne Seenlandschaft: Sebago - Lake - District. Die heutige Motelsuche beginnt. Preise von 118  - 138 US$, Das ist  uns zu teuer, obwohl verständlich wegen der herrlichen Erholungslandschaft. Wir beschließen wegen des starken Verkehrs nur noch rechts anzufahren, weil dann die Einfädelung in den Verkehr besser ist. Hinter Naples finden wir ein Motel in Raymond, Maine an der Route 302 West Richtung Portland. „White Pines Motel welcomes you to each of the four seasons in the heart of Maine´s picturesque countryside“ für 59 $ plus tax. Hier übernachten wir. Nette Geschäftsführerin. Es bewölkt sich leicht.

Niagara Falls

 Vom Eriesee strömt das Wasser  den 56 km langen Niagarafluß entlang in den 109 m tiefer liegenden Ontario- See. Auf halben Weg liegt eine Felsenbarriere. Über  die stürzt sich der Fluß mit donnerndem Getöse in die Tiefe - das sind die Niagara-Fälle - . Die  - donnernden Wasser - das bedeutet NIAGARA in einem indianischen Dialekt.

Die Fälle sind Überbleibsel aus der Eiszeit. Vor ca. 50.000 Jahren bedeckten riesige Gletscher den nordamerikanischen Kontinent. Als es wärmer wurde, schmolzen sie dahin. Ein gewaltiges Binnenmeer blieb zurück. Seine Reste sind die großen Seen zwischen den USA und Kanada.

Der Niagarafluß strömt beim Ablauf aus dem Eriesee zuerst über hartes Kalkgestein. Bei der Mündung in den Ontariosee traf er auf weichem Mergel und Sandstein. So entstand dort jene ausgewaschene Stufe, wo die Kalkschicht kantig abbrach. Die Kante wandert(e ) jährlich um 2 cm an den Eriesee heran, so werden  wohl in 400 000  Jahren die Niagarafälle verschwunden sein.Es gibt den amerikanischen Fall „der Brautschleierfall“ 328 m breit und 58 m tief und den kanadischen, der „Hufeisenfall“, der 640 m breit und 54 m tief ist. Dieser ist schöner.  20 Millionen cbm /h Wasser stürzen sich über die Klippen,   die durch Kraftwerke von Amerika und Kanada genutzt werden.

Von Raymond bis Portland: Pumpkins lassen grüßen

Donnerstag, dem 3. Oktober 1996

 Die Nacht war sehr laut. Diese Route 302 ist wohl stark befahren. Dazu Regenschauer auf Regenschauer. Der Atlantik ist nahe. Ria schickt Christian zum Auto Kaffee holen. Zaghaft kommt er zurück mit 2 Beuteln und sagt kleinlaut, er habe den Autoschlüssel im Kofferraum liegen lassen  und dieser lasse sich nun nicht mehr öffnen. Hilfe? Woher?. Wir gehen zur netten Managerin. Sie ruft bei AVIS CANADA an. Von dort keine Hilfe möglich, da wir in den USA sind .

Es kommt der „locksmih“, also ein staatlich anerkannter Autoknacker. Er kontrolliert unsere Autopapiere und öffnet durch ein Seitenfenster die Wagentür. Gut, dass wir das Handschuhfach nicht abgeschlossen haben.

 Im Handschuhfach ist der Hebel zum Öffnen des Kofferraumes. Auf der 302 West halten wir an einem WAL - MART. Dort kaufe ich 2 Hemden und einen Hut. Nach einem preiswerten Mittagessen gelangen wir bei herrlichem Sonnenwetter  nach Portland. Wir sind am Atlantik. Starker Wind weht von der See her. Ein Spaziergang durch diese Hafenstadt, der größten Stadt Maines (ca. 64.000 Einwohner), schließt sich an. Am Hafen staunen wir, denn hier steht ein großes Stück original Berliner Mauer mit Tafeln auf denen an die undemokratische Spaltung Deutschlands bis zum Mauerfall hingewiesen wird. Ach ein Auszug der bekannten Rede Präsident Kennedys in Berlin ist zu lesen.. Ein deutsches Memorial! 

 Wir fahren auf der 1 South in Richtung Orchard - Beach. Hübsche Dörfer und gepflegte Sandstrände bestimmen das Bild diese Küstenstreifens. Wir machen eine Pause und gehen an einen herrlichen Sandstrand. Christian sammelt Muscheln. Mir wird durch den starken Wind meine rote Schlägermütze vom Kopf geweht. Eine Welle spülte sie an Land zurück. Der Blick geht gegen Osten. Dort irgendwo ist Europa. Wir fahren durch Kennbunkport. Hier hat der ehemalige Präsident Bush sein Feriendomizil. Überall an den Straßen Pumkins (Kürbisse) in allen Größen gestapelt. Hinweise auf Halloween und Thanksgiving-Day finden wir zur Zeit in allen Warenhäusern. In Kittery finden wir ein Super - 8-Motel für 69,00 US$. Abends fahren wir zu AMERICA´S MAINE STREET FOR OUTLET SHOPPING (Fabrikverkauf). 120 Outlets. 20 - 75% OFF. Open from 10.am - 8 pm. Ein riesiger Einkaufspark. Ich denke, so etwas kommt bei uns in Deutschland auch noch.

Boston

Freitag, dem 4. Oktober 1996  

Frau Zuckmayer schreibt in dem zitierten Buch: ... es ist die Nacht vom 31. 10. auf den 1.11., in der die Hexen unterwegs sind. Das Wort Halloween soll eine Zusammensetzung von  „the holy ones“ und „even“ sein und den „Abend der Heiligen“ bedeuten, obwohl es ganz unheilig in dieser Nacht zugeht. Vermummte Gestalten brummen und kreischen vor den Häusern, Hexen aus Wachs prangen in den Fenstern , Totenkopflaternen, z. B. aus ausgehöhlten Kürbissen werden durch die Straßen getragen, und am Allerheiligenmorgen finden die Farmer ihre Schlitten auf dem Dach, die Egge auf den Schornsteinen, die Stalltüren offen...usw.“

NB: Die Kinder  ziehen von Haus zu Haus und fordern „trick or treat“, das heißt wenn du uns nichts gibst, spielen wir dir einen Streich. Sie bekommen Süßigkeiten und andere Gaben. Am letzten Sonntag des Monats November, wird Thanksgiving“ gefeiert, zur Erinnerung an das erste Erntedankfest, das von den Pilgervätern im Jahre 1623 nach einem harten und schrecklichen Winter in ihrer neuen Kolonie zelebriert wurde, wobei wilde Truthähne verzehrt wurden. Auf diese Weise stiegen die Truthähne zu dem Rang einer rituellen Festspeise auf, wie etwa Weihnachtsgänse oder Weihnachtskarpfen und Lamm oder Zicklein zu Ostern. Von Kittery am Morgen in Richtung Boston auf der 1 South. Diese Route läuft (mit der South1a als Byway) an der Atlantikküste entlang und ist „bespickt“ mit Motels - Hotels- Motorinns und Guesthouses. Viele haben bereits geschlossen. Auf der Fahrt ist viel Verkehr. Die Sonne läßt die Laubbäume  besonders farbenprächtig erscheinen. Ein WALMART zieht uns wieder an. Anschließend werden noch Lebensmittel gekauft. Wir fahren durch Portsmouth, dem einzigen Atlantikhafen New Hampshires. Die Skyline von Boston wird sichtbar. Ria fährt in das Zentrum von Boston. Dort gleich in ein Parkhaus. 1/2 Stunde für 3,50 US$! Ria wendet geschickt und fährt wieder raus. Dann geht die Suche nach einem Motel, B&B los. Kein Glück . „We are fully booked.!” Im Motel Days Inn in der Soldiers Field Road  finden wir endlich ein Bett.. 129 US$ plus tax! Es ist ein typisches Touristenhotel. Wahrscheinlich ein alter Fabrikbau. Ria fuhr phantastisch. Sie beherrscht sich im dicksten Verkehr. Schilder sind Mangelware! Als wir anfangs durch die Vororte fahren, sehen wir doch viele armselige Behausungen, verlassen, verkommen, bewohnt und unbewohnt. In die Stadt kann man mit dem Bus - jede Stunde -. Wir sind alle kaputt. Wir bleiben im Motel und machen noch einen Spaziergang. Wir planen die Rückreise nach Toronto. Am Dienstagabend wollen wir dort eintreffen. „Für Städte wie Boston sollte man vorbuchen,“ stellt Ria fest. Sie hat recht. 

 Hier ist nun dank der frühen Bettruhe noch Platz für ein wenig Geschichte. Die Unabhängigkeit der USA begann in Boston. Ende des 18. Jahrhunderts  war Boston die bedeutendste Stadt Amerikas. Nun geschah es aber, dass die Bostoner Siedler sich mit der britischen Regierung nicht vertrugen. Die Kolonisten mussten Einfuhrzölle und Steuern zahlen. Doch im Parlament waren sie nicht vertreten. Das ärgerte sie. „Taxation without representation is tyranny!“  Am 5. März 1770 wurden 6 Kolonisten bei einem Gerangel mit Soldaten getötet. Dieses „Massacre of Boston“ führte zum Aufstand der Siedler unter John Hancock. Am 16. Dezember 1773 enterten Siedler als Indianer verkleidet drei Schiffe und warfen 342 Kisten Tee, der aus England kam, ins Meer, um gegen Handelsbeschränkungen, u.a. die Teesteuer, zu protestieren. Das war die BOSTON TEA PARTY. Daraufhin sperrten englische Kriegsschiffe im folgenden Jahr den Bostoner Hafen. Jede amerikanische Familie musste einen englischen Soldaten aufnehmen. Doch das gesamte Hinterland half den Einwohnern von Boston. Zum ersten Mal trat eine Solidarität aller amerikanischen counties zutage. John Hancock ging in den Untergrund. Am 17. März 1776 waren die Engländer aus Boston vertrieben. Und am 4. Juli 1776 erklärten die Kolonien ihre Unabgängigkeit, allerdings nicht in Boston sondern in Philadelphia.. 

 Boston

Samstag, dem 5. Oktober 1996

 Wir überlegen, ob wir noch einen Tag verlängern sollen, das erübrigt sich, denn „we are fully booked“, tönt es uns entgegen. Gegen 9.30 Uhr bei sonnigem Wetter zu Bushaltestelle: T- Line 86. Dort treffen wir ein nettes amerikanisches Ehepaar mit Sohn. Sie wollen auch in die Stadt fahren. Der Amerikaner erzählt, wie schwierig für ihn die deutsche Sprache sei und führt folgendes Beispiel an:  A farmer threw the horse over the fence some hay (Deutsch). - A farmer threw some hay over the fence to the horse. (Englisch). - Sie erklären uns den Schedule und schenken ihn uns. Wir fahren bis PARK Street über Harvard SQR. Dort steigen wir in die U - Bahn. Diese ist sehr sauber. Von der Park-Street gehen wir zunächst zum Hafen der Tea Party. Dort liegt noch ein Nachbau der Teeschiffe, die „Brig Beaver II“ Von dort zurück ins Bankenviertel. An den Parkuhren darf man hier an den Wochenenden kostenlos parken. Wir treffen wir auf den „Freedom Trail“. Ein roter Strich auf dem Pflaster ( in Hildesheim die Rose) führt durch die Innenstadt und an allen wichtigen Sehenswürdigkeiten vorbei., die mit der historisch bedeuternsten Epoche der Stadt zu tun haben : der Unabhängigkeitsbewegung. In einem Papiergeschäft darf ich filmen. Typisch englisch. Plötzlich erklingt an einer Straßenkreuzung Musik. Ich filme einen Umzug, in dem chinesische Drachen usw. mitgeführt wurden. Danach gelangen wir auf den Granary Buring Ground, auf dem zahlreiche berühmte Amerikaner begraben sind, u.a. die Unterzeichner der Unabhängigkeitserklärung  John Hancock, Robert Treat Paine und Samuel Adams. Die Opfer des Boston Massacre liegen hier auch begraben. Ich filme hier während Ria aus der Geschichte vorliest. Am State House mit goldener Kuppel, gehen wir durch einen Park In Amerika finden Anfang November Präsidentenwahl und Kongreßwahlen statt. Ein Hund mit 2 jungen Mädchen im Wahlkampf-T-shirt spazieren dort auf und ab.  Wir fahren zurück nach Cambridge, eine eigene Stadt, direkt neben Boston. Hier ist die berühmte Harvard University Bemerkenswert ist, daß den Puritanern der Fortbestand der Priesterschaft, der geistigen Elite der Theokratie, so wichtig war, dass sie bereits 1636 - sechs Jahre nach der Gründung Bostons -“ nach der Förderung des Lernen“ verlangten und vor den Toren der Stadt HARVARD gründeten. Benannt nach John Harvard, der der Schule seine ganze Bibliothek hinterließ. Abtrünnige Harvard-Studenten eröffneten 1701 in Connecticut die zweite berühmte Universität: YALE.

Wir besuchen den Campus der Harvard Universität. Harvard besteht aus mehr als 300 Gebäuden aus rotem Backstein. Es wirkt wie ein gemütliches Dorf mit Wiesen, Kirchen und Plätzen. Fast alle Studenten leben auf dem Campus.

Nach Boston wollen wir noch einmal reisen, vielleicht  mit einem Besuch in New York.

Wir fahren zurück nach Days Inn . Zuerst mit der Train (= U-Bahn). Weiter mit dem Bus. Wir steigen ins Auto und fahren die Route 2 West an Concord, dem „Weimar“ Amerikas vorbei Richtung Fitchburg. Wir gelangen in das Royal Plaza Hotel von Best Western. Einem am Wald gelegenen Luxushotel. Wir haben eine Suite für uns. Dieser Luxus baut uns total auf. Der Preis ist hoch US$ 156,00. Das wird natürlich alles gefilmt. Christian holt Eis zum Kühlen. HBO (vgl. mit Premiere) sendet einen interessanten Film. Anschließend ist Nachtruhe.

Glens Falls :Bunte Wälder, unberührte Bäche, herrliche Seen

Sonntag, dem 6. Oktober 1996

Abfahrt gegen 10.00 Uhr von unserem Luxushotel, das übrigens so gebaut ist, dass man vom 5. Stock wie in einem Atrium runter auf den Empfang schauen kann. Der HWY 2 West führt durch wunderschöne Wälder mit kleinen, aber feinen Haltepunkten, wo wir aussteigen und an unberührte Bäche und Schluchten gelangen. Christian genießt dies besonders. Er kraxelt über Stock und Stein. In Troy fahren wir am Hudson River  auf die 4 bzw. 32 North bis Glens Falls. Ich frage im erst besten Motel nach Unterkunft. Es ist frei. Wir schauen uns die Bude vorher nicht an . Auf jeden Fall sind wir vom Luxus in die Traufe abgestiegen. Fine for 48,00 US$. Naja, die Mischkalkulation stimmt wieder. Nun sind wir im Staate

New York. Vom Motel fahren wir durch Ferienorte bis zum Lake George. Auf der Strecke „Hairpin Turns“. Starker Gegenverkehr. An den Straße überall Gespenster, Vogelscheuchen, Strohpuppen oder ein Schild „Have a nice day!“

Dann Straßenverkäufe. Was man verkaufen will, stellt man vor die Tür, auf den Rasen oder an die Einfahrt, stellt ein Schild daneben „FOR SALE“ Dann wieder aufgestapelte Kürbisse. Richtig gedacht: Halloween!

Es ist Sonntag. In den Supermärkten, die zum Teil 24 Stunden geöffnet haben auch viele blasse Verkäuferrinnen. Man kennt die Arbeitszeitregelungen nicht. Wir trinken Kaffee am Lake George und da es recht kühl ist fahren wir bald zurück. Massenweise Motels, die noch geöffnet haben. Zur Hauptsaison kann man hier nicht hinfahren! Es ist kalt.

Über Lake Placid nach Watertown.

Montag, dem 7. Oktober 1996

 Start in Glens Falls. Das Motel müsste mal von der Gesundheitsbehörde überprüft werden. Die Nacht in Jeans geschlafen. Mittags 26 Grad C.

Unser nächster Halt ist am Loon Lake. Das Sonnenwetter taucht natürlich alles in die buntesten Farben dieser Jahreszeit. Hier machen wir Pause. Genießen diesen Annblick und sind Gott dankbar, dass wir dies alles in unserem Leben sehen können .

 Wir fahren durch eine herrliche Landschaft. Auf der Route 9 bis Lake Placid.. Hier in den Adirondack Mountains finden wir eine hübsche Gebirgslandschaft, dichte Wälder, 1000 Seen und über 320 km Wanderwege. Lake Placid ist der beliebteste Wintersportort des amerikanischen Ostens. schon 1932 fanden hier die Olympischen Winterspiele statt und 1980 wieder. Es erinnert alles ein wenig an Davos und Klosters. Wir machen nur einen kurzen Stopp und kaufen ein paar Ansichtskarten.

Weiter am Scageron - Lake vorbei über HWY 73 - 86 - und 3 West in Richtung Watertown. Unterwegs wird auf einem Waldrastplatz noch einmal richtig Kaffee getrunken Dann geht es ab nach Watertown. Hier finden wir ein schönes Motel: Comfort- Inn - Motel für 54 US$. Da kein No Smoking Room mehr frei war, durften wir nach oben in ein Studio, normalerweise fine for 75 US$. Anschließend in einen Mall. Das sind miteinander verbundene Warenhäuser und Fachgeschäfte, Imbißecken, Restaurants usw , die für jeden Geldbeutel und Geschmack was bieten.

Neuengland

Neuengland, so denke ich manchmal, ist mein ummauertes Haus und mein Garten. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, wie ich die Räume aufteilen würde, doch ganz bestimmt wäre Massachusetts meine Bibliothek, Maine mein Schlafzimmer, das sich zum Meer hin öffnet, Boston mein Bulfinch - Speisezimmer, Connecticut und Rhode Island wären meine Gästezimmer, New Hampshire meine Veranda und Vermont mein weitläufiger Garten.

Indian Summer

 „Wir erlebten den ersten Herbst in Vermont, der die grünen Berge in ein flammendes Feuermeer verwandelt ... Wenn es nachts schon friert und die Sonne durch Frühnebel bricht, dann schreien Zuckerahorn und Roteiche in einer wahnsinnigen, verzückten Leuchtkraft“, so beschrieb Carl Zuckmayer den „Indian Summer“.

 Die Indianer fanden eine andere Erklärung für das herbstliche Phänomen. Sie glaubten, daß der Himmliche Jäger um diese Zeit den Großen Bären erlege und dessen Blut die Wälder tränke. Nach soviel Poesie wirkt die naturwissenschaftliche Erklärung der foliage - so nennt mn das herbstliche Farbspiel - recht ernüchternd. Da ist die Rede von zerfallendem Chlorophyll und von Zucker, der sich in Anthocyan verwandelt, das den Blättern eine tiefrote bis bläuliche Färbung verleiht, je nachdem, ob die übrigen Substanzen im Blatt sauer oder alkalisch sind. Die Chemie erklärt jedoch nicht, warum die Farbpalette in Neuengland so viel prächtiger ist als in Europa. Dies liegt wiederum an der Eiszeit. In Amerika blieben Bäume erhalten, die bei uns damals ausstarben. So gibt es hier besondere Ahorn - und Eichenarten , deren Blätter - mit der Hilfe von Anthocyan - genau jenes Rot hervorbringen, das man nur mit dem Blut des Großen Bären assoziieren kann. Und bei dieser schönen Erklärung sollte man es belassen, wenn man Ende September und Anfang Oktober durch die Wälder von Vermont und New Hampshire fährt..(ADAC)  

Von Watertown nach Toronto

Dienstag, dem 8. Oktober 1996  

Nach einer ruhigen Nacht um 10.30 Uhr Abfahrt Watertown auf dem Interstate 81 North in Richtung Kanada. Der Zöllner an der kanadischen Grenze grüßt uns nett. Mit Ria wechselt er ein par Worte in Deutsch. Wir sind wieder in Kanada. Es geht weiter auf dem HWY 401 West.Wir überqueren den St. Lorenz Strom über 2 Brücken. Hier ist das Labyrinth der Thousand Islands. Mehr als 1700 Inseln ragen aus dem breiten Strom. Auf der amerikanischen Seite müssen wir 2.oo Dollar zahlen. Wir kommen nach Kingston. Dort, wo der große Strom den Ontario-See verlässt liegt Kingston. 1673 noch Pelzhandelsstation, heute ein Städtchen mit vielen Erinnerungen an die Pionierzeit. Fort Henry grüßt von fern; ein restaurierter Militärstützpunkt kann hier besichtigt werden. Nach Kingston will ich mit Ria wechseln, da sie die bessere Stadtfahrerin ist. Wie schon mal erwähnt, gibt es hier in Kanada so gut wie keine Rast - oder Parkplätze. Es gibt wohl Carpools oder Service Stations. So geht es 3 oder vierspurig durch Oshawa und ehe ich mich versehe, befinde ich mich bereits mitten im Gewühle von Toronto. Ria beruhigt mich und weist mich laut Plan auf die richtigen Straßen. Doch wir finden das ausgesuchte Motel nicht. Ria übernimmt das Steuer und nach kurzer Zeit sind wir auf dem Lake Shore BVD West in West-Toronto. Wir sehen gleich ein ansprechendes Motel und haben Glück. Im BEACH MOTEL sind noch Zimmer frei für 59.00 CDN $ plus tax  plus tax. Richtig, hier schlägt der Fiskus gleich dopplet zu. Einmal 15% MWSt und 8 % Provinzsteuer. Aufgepasst: Bei der Preisauszeichnung fehlen somit 23 %! Wir beziehen unser Zimmer im 1. Stock mit Balkon und Sicht auf den  Humber Bay Park und Ontario See. Das Motel preist sich an mit „Lake view balconies and spacious outdour picnic area“ Wir gehen auf den Balkon. Begrüßt werden wir von einer riesigen Schar Wildgänsen, die uns entgegenschnattern. Wir setzen uns und genießen den Blick und unser bescheidenes Abendbrot.

Anschließend gehen wir zur STREETCAR - (=Straßenbahn)-Haltestelle. Wir wollen noch zum Eaton - Center. Eine Frau hilft uns, damit wir auch dorthin finden. Sie erzählt, dass sie eine neue Brille und ein neues Gebiss benötige. Dafür müsse sie alle Tage in der Woche arbeiten. Sie muss die Kosten selber tragen. So wird es bei uns auch kommen.

Die Queens Street ist sehr lang.  Geschäft an Geschäft. Viele kleine Läden. Schummrige Läden. Imbißecken für Leute „over fifty“! Wir nähern uns dem Bankenviertel und schon werden die Geschäfte größer schöner. EATON CENTER. Dieses pompöse sich über 3 Stockwerke    erstreckende Einkaufszentrum ist beeindruckend. Eine riesige Konstruktion aus Stahl und Glas. Zahlreiche Boutiquen - nicht  billig - sind hier verteilt. Im Untergeschoss eine großräumige Imbissecke mit einem Angebot von Speisen aus aller Welt: Chinesische, amerikanische, japanische, italienische Gerichte usw. Gleich neben dem Glanz der edlen Geschäfte  und Banken diese „stille Armut“ wie Ria sie nennt.

Am Abend eine Diskussion über diese aufkommende Armut, die sich in einem Land wie USA oder Kanada mit diesen weiten Entfernungen, mit den vielen Rassen und keinem sozialen Netz wie bei uns anders zeigt als  in Deutschland. Wir bergen daher wohl zu Hause auch mehr sozialen Sprengstoff als diese Länder. Ria befasst sich mit einer „Sozial-Initiative“ zur Hilfe dieser schweigenden Armen. Mehrere „sozial Starke“ schließen sich zusammen und finanzieren durch eine gemeinsame Abgabe, die Beschäftigung von diesen „sozial Schwachen“. Ein Problem das uns alle beschäftigt, sogar Christian diskutiert klug. Die „soziale Schere“ droht immer offener zu werden und somit sind nach alter volkswirtschaftlicher Lehre Revolutionen nicht weit. Wir müssen dafür sorgen, dass unser soziales Netz bei derzeit 4 000 000 Arbeitslosen nicht reißt. Unweit vom Eaton Center befindet sich ein „Street Youth Center“, wo doch einige arme Geschöpfe zu sehen sind. Auf dem Heimweg fährt unsere Streetcar an einem riesigen Versammlungsraum der SALVATION ARMY vorüber.  In diesem Raum wurden zig Menschen eine Mahlzeit serviert.

Toronto „Queen City of Canada“

Mittwoch, dem 9. Oktober 1996

 Morgens ums 5 Uhr beim Lüften dringt der Duft einer nahegelegenen bakery in unser Zimmer.

Auf dem Stadtplan von CAA, dem kanadischen ADAC steht: The capital city of Ontario is a modern centre of culture, education, finance and industry. ... With all this offer, it is no wonder why Toronto has earned the name the „Queen City“ of Canada.

Im deutschen Reiseführer. Mitte des 18. Jahrhunderts entstand an der Mündung des HUMBER eine kleine Siedlung mit dem Namen YORK.  Die Nachbarn nannten den Ort „MUDDY YORK“ (= schmutziges York) Hieraus wurde ein nettes Städtchen und hatte 1834 bereits 9000 Einwohner. Die Indianer nannten dieses York früher Tarantua (=Treffpunkt). Man erinnerte sich jetzt dieser Bezeichnung und ab sofort hieß dies Kleinstadt, Treffpunkt der Händler, TORONTO.

Nach dem Frühstück in die City. Wir spazieren durch Chinatown.  In diesem Viertel gibt es keine Ladenschlusszeiten. Es fängt an zu regnen. Wir gehen zur City Hall. 1965 erbaut wurde dieses eigenwillige Zweitürme-Rathaus gleich zum Ärgernis. Heute wird es als zukunftsweisende Architektur gefeiert. Ich finde diese Formen sehr faszinierend. Mittagessen bei MANCHU MOK im Eaton center.  Weiter zum Sheraton - Center gediegene saubere Atmosphäre und ein riesiger Wasserfall, der im Sommer offen ist. Im Warenhaus „THE BAY“ 2 Hemden gekauft und für Christian einen Rolli. Wir gehen weiter zur CASA LOMA Toronto´s Majestic Castle. Dieses deplaziert wirkende Schloß ist im Renaissancestil erbaut mit Türmchen Zinnen und Kaminen. Im Prospekt heißt es: „Erleben Sie die Eleganz eines vergangenen Zeitalters in Torontos Schloß Casa Loma. Es ist das einzigartige Vermächtnis von Sir Mill Pellatt, einem kanadischen Financier, Industriellen und Armeeoffizier des frühen 20 Jahrhunderts.“ Für uns war es so einzigartig, dass uns dieser Zuckergußbau veranlasste schnell die vielen Stufen wieder runterzugehen in Richtung CN - TOWER. Wir bummeln vorbei an „The Hockey Hall of Fame“ (Eishockeystadion), stehen am Royal York Hotel, ein Luxushotel, Betten Kapazität: 1600!. Werbung des Hotels :“Spoil Yourself Royally“. Room Rates starting at 159 $ per night. Opas Nobelabsteige in Toronto. Ein imposantes Haus schon von außen. Wir spazieren weiter zum CN- Tower und Skydome, beschnuppern ihn, fotografieren und kehren zurück zur Queens Street. Wir kaufen noch Obst ein und fahren ins Motel zurück.

Im TV abends Diskussion zwischen dem US-Vizepräsidenten Al Gore und dem Herausforderer . AL Gore wirkte kompetenter.   In Amerika ist Präsidentenwahlkampf.

Auffallend ist das friedliche Zusammenleben der vielen verschiedenen Rassen und Nationalitäten. Diese Stadt hat multikulturellen Charme!

Toronto: Der CN - Tower

Donnerstag, dem 10. Oktober 1996

 Das Wetter ist durchwachsen. Heute ist CN- Tower - Tag. Christian hat seine Kamera in Ordnung.  Zuerst gehen wir noch zur CAA, dem kanadischen Automobilclub. Hier holen wir uns einige Informationen über Westkanada und über Ontario. Man ist dort sehr hilfsbereit. Unterwegs fragen wir noch einmal nach dem Weg. Ein Kanadier zeigt ihn uns und sagt zum Schluss: „ Enjoy your stay“. Cn-Tower ist erreicht. Für 12 $ pro Person fahren wir hoch. Zu Fuß 2570 Stufen. Es ist schon ein toller Blick von oben auf die Stadt. Jetzt wirken die Wolkenkratzern ganz friedlich. Aus einigen Bankenwolkenkratzer steigt weißer Rauch auf. Das erinnert etwas an die Papstwahl. Weißer Rauch heißt: Habemus Papam!“ Vielleicht hier : Habemus Pecuniam! Ich nehme an, dass ist die Klimaanlage. Im Restaurant trinken wir Kaffee. ALs „Kaffeelöffel“ gibt es einen CN-Tower in klein. Unterhalb des Restaurants kann man auf einen Glasboden treten und schaut dann die fast 400 m nach unten. schwindelfrei muss man schon sei. Das ist der besondere Kick da oben. Nachdem wir uns satt geschaut und alles gefilmt haben, sausen wir wieder nach unten und fahren von der Queens Street mit unserer streetcar  LONG BRANCH 501 zurück zum Motel. Wir wollen auch einmal auf die Wiese hinter unserem Motel, wo so gerne die Wildgänse latschen. Plötzlich stellen wir fest, daß diese Vögel den Rasen mit Kot übersät haben. Zurück. Schuhe abwaschen. Es schließt sich noch ein unvergesslicher Spaziergang in den Humber Park an. Herrliche Abend- und Abschiedsstimmung. Wir tanken das letzte Mal. Jetzt geht's zurück, und wir fangen an zu packen.

Abschied von Toronto

Freitag, dem 11. Oktober 1996

 11.00 Uhr Checkout von unserem so schön gelegenen Motel. Wir fahren gleich zum Flughafen und wollen unser Gepäck abgeben. Um 11.30 Uhr ist AIR FRANCE noch nicht besetzt. Wir fahren in eine MALL am Queensway. Anschließend zu AVIS. Da 2 Stunden überschritten sind,  berechnet man uns 80 $ mehr. Das wurmt uns, und so gehen wir zum AVIS - Schalter  Dort wird die Summe storniert. Im Duty - free -shop wird noch einmal zugeschlagen. Ria kauft Pilcher - Bücher. Für Christian wird noch ein T- Shirt „CANADA“ erstanden. Unsere Maschine, eine moderne Boeing 767, fliegt verspätet ab. So wird der Anschlußflug nach Hamburg auch nicht erreicht. Um 10.10 Uhr MEZ Connecting flight nach Hamburg. Hamburg- Fuhlsbüttel: Christian und ich holen unser Gepäck während Ria das Auto von P6 mit dem Shuttlebus abholt. Gegen 15.00 Uhr löffeln wir wieder Mutters hervorragende Kartoffelsuppe.